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Wie funktioniert Beckenbodentraining und was bringt es?

Foto von Annie Spratt auf Unsplash

Der Beckenboden ist eine Muskelplatte, die sich vom Schambein bis zum Steißbein erstreckt und ein zentrales Element des menschlichen Körpers darstellt. Sie wird oft übersehen, spielt aber eine fundamentale Rolle im täglichen Leben. Die Muskulatur unterstützt die inneren Organe, vor allem die der Blase, des Darms und der Geschlechtsorgane.

Ein starker Beckenboden ist unerlässlich für Kontinenz, eine gute Haltung und die Unterstützung der Wirbelsäule. Und das Gute ist: Man kann seinen Beckenboden mit speziellen Übungen trainieren. In diesem Artikel wird erklärt, wie Beckenbodentraining funktioniert und was es nützt. Außerdem wird mit einigen Irrtümern zu diesem Thema aufgeräumt.

Wie funktioniert Beckenbodentraining?

Beckenbodentraining zielt darauf ab, diese Muskeln bewusst anzusprechen und zu stärken. Dies geschieht durch spezifische Übungen, die die Kontraktion und Entspannung des Beckenbodens fördern. Im Wesentlichen kann man sich gezieltes Beckenbodentraining wie jede andere Muskelübung vorstellen – etwa das Anspannen und Loslassen des Muskels, ähnlich wie beim Bizepscurlen. Die Herausforderung besteht darin, diese oft kaum spürbare Muskelschicht bewusst anzusteuern.

Die richtige Technik

Bei den Übungen zieht man die Muskeln um den Anus und die Harnröhre zusammen, als wollte man den Harnfluss unterbrechen oder einen Wind zurückhalten. Ein einfacher Anfang könnte das „Halten“ dieser Spannung für wenige Sekunden und anschließendes Loslassen sein. Wichtig ist hierbei, dass nur die Beckenbodenmuskulatur und nicht die Bauch- oder Gesäßmuskeln angespannt werden. Regelmäßige Wiederholungen führen zu spürbaren Verbesserungen.

Verschiedene Übungsarten:

  1. Schnelles Anspannen und Loslassen: Das sind kurze, knackige Kontraktionen, die die Reaktionsfähigkeit der Muskeln steigern.
  2. Langsames Halten: Hierbei bleibt die Muskelanspannung für längere Zeit bestehen, um die Muskelausdauer zu fördern.
  3. Integrierte Alltagsübungen: Oft sind Übungen hilfreich, die in den Alltag integriert werden können, etwa beim Sitzen im Büro oder beim Einkaufen.

Warum ist Beckenbodentraining wichtig?

Neben der Stärkung der Muskeln hat Beckenbodentraining noch viele weitere Vorteile, die häufig unterschätzt werden. Ein gut trainierter Beckenboden kann Inkontinenz vorbeugen oder vermindern, die sexuelle Gesundheit verbessern und die Rückbildung nach einer Schwangerschaft unterstützen.

Verhinderung von Inkontinenz

Viele Menschen, insbesondere Frauen nach der Geburt oder ältere Menschen, leiden unter verschiedenen Formen der Inkontinenz. Ein schwacher Beckenboden kann dazu führen, dass Blase und Darm nicht mehr vollständig kontrolliert werden können. Durch gezieltes Training kann man diesem Problem entgegenwirken. Studien zeigen, dass regelmäßiges Beckenbodentraining das Risiko für Harninkontinenz signifikant verringert.

Und das ist wirklich wichtig: Laut der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) stellt Harninkontinenz ein erhebliches Gesundheitsproblem für Frauen jeder Altersgruppe dar. Untersuchungen zeigen, dass die Wahrscheinlichkeit, an Harninkontinenz zu leiden, mit zunehmendem Alter steigt. So gaben bei einer Umfrage 7,8 Prozent der Frauen unter 40 Jahre und 27,1 Prozent der Frauen über 60 Jahren an, Schwierigkeiten beim Zurückhalten des Urins zu haben. Eine deutsch-dänische Studie aus dem Jahr 2017 schätzt, dass insgesamt 48,3 Prozent der Frauen betroffen sind.

Verbessertes Sexualleben

Ein stärkerer Beckenboden kann die sexuelle Empfindsamkeit und Orgasmuserlebnisse verbessern. Bei Frauen erhöht er die Durchblutung und Spannung im Beckenbereich, was zu intensiverem Empfinden führt. Auch Männer profitieren von einem trainierten Beckenboden: Ein festerer Muskeltonus kann erektile Dysfunktion mindern und die Kontrolle über den Ejakulationszeitpunkt verbessern.

Unterstützung in der Schwangerschaft

Besonders für Frauen ist ein starker Beckenboden während und nach der Schwangerschaft entscheidend. In der Schwangerschaft hilft ein trainierter Beckenboden, das zusätzliche Gewicht des wachsenden Kindes zu unterstützen. Nach der Geburt fördert das Training die Rückbildung und hilft, die Muskulatur wieder zu stärken. Dies ist besonders relevant für Frauen, die unter Gebärmutter- oder Blasensenkung leiden.

Wissenschaftliche Hintergründe und Studien

Die Wirksamkeit von Beckenbodentraining wurde in zahlreichen wissenschaftlichen Studien belegt. Eine Untersuchung zeigte, dass Frauen, die postnatal regelmäßig Beckenbodentraining machten, ein geringeres Risiko für langfristige Inkontinenz hatten. Weitere Forschungen verdeutlichen, dass Menschen jeden Alters und Geschlechts von diesem Training profitieren können.

Ein oft zitierter biologischer Mechanismus ist die sogenannte „Muskelfeinarbeit“, die durch regelmäßige Übungen verbessert wird. Dies bedeutet, dass die Muskulatur lernfähiger wird und besser zwischen Anspannung und Entspannung differenzieren kann. Auch bei Männern zeigen sich positive Effekte: Studien legen nahe, dass Beckenbodentraining bei Männern zur Prävention und Behandlung von erektiler Dysfunktion beitragen kann.

Integration in den Alltag

Ein Vorteil des Beckenbodentrainings ist seine einfache Integration in den Alltag. Anders als bei vielen anderen Fitnesstrends sind keine speziellen Geräte oder Kurse notwendig. Einsteiger können die Übungen leicht zu Hause oder im Büro durchführen. Es reicht oft schon, ein paar Minuten pro Tag in das Training zu investieren, um spürbare Verbesserungen zu erzielen.

Praktische Tipps für die Umsetzung:

  1. Morgenroutine: Bereits morgens im Bett einige Minuten Zeit nehmen, um die ersten Übungen des Tages durchzuführen.
  2. Arbeitsplatz: Regelmäßig bei der Arbeit am Schreibtisch oder in Stehpausen die Muskulatur anspannen.
  3. Unterwegs: Auch in der Bahn oder im Auto lässt sich das Training diskret durchführen.

Potentielle Hindernisse und Missverständnisse

Trotz seiner Vorteile gibt es häufig Hindernisse und Missverständnisse, die Menschen vom Beckenbodentraining abhalten. Ein gängiger Irrglaube ist, dass nur Frauen nach der Geburt davon profitieren würden. Tatsächlich können Männer und Frauen jeden Alters und Fitnesslevels positive Effekte erzielen.

Häufige Fehler

Beim Beckenbodentraining werden oft einige Fehler gemacht, die die Effektivität der Übungen mindern können. Einer der häufigsten Fehler ist das gleichzeitige Anspannen von Bauch- oder Gesäßmuskeln. Dies kann zu einer Fehlbelastung führen und den gewünschten Trainingseffekt reduzieren. Auch das Nicht-Erkennen der richtigen Muskulatur sorgt manchmal dafür, dass die Übungen nicht korrekt durchgeführt werden.

Möglichkeiten, Fehler zu vermeiden:

  1. Anleitung durch Fachpersonal: Es ist ratsam, zunächst die Unterstützung durch Physiotherapeuten oder spezialisierte Trainer in Anspruch zu nehmen.
  2. Kontrolle durch Spiegel: Beim Üben vor einem Spiegel lässt sich leichter erkennen, ob ungewollte Bewegungen der Bauch- oder Gesäßmuskulatur auftreten.
  3. Bewusste Integration: Die Übungen regelmäßig und bewusst in den Alltag zu integrieren, statt sie nebenbei „abzuarbeiten“, kann ebenfalls die Effizienz steigern.

Fazit und Ausblick

Der Beckenboden ist ein zentrales Element des menschlichen Körpers, der oft vernachlässigt wird. Durch regelmäßiges Beckenbodentraining kann man zahlreiche gesundheitliche Vorteile erreichen – von der Verbesserung der Kontinenz bis hin zu positiven Effekten auf das Sexualleben. Wissenschaftliche Studien belegen die Wirksamkeit des Trainings, und die einfache Integration in den Alltag macht es zu einer zugänglichen und effektiven Methode, die Gesundheit zu fördern. Es bleibt zu hoffen, dass mehr Menschen die Relevanz dieses Trainings erkennen und in ihren Alltag integrieren.

Autorenprofil

Stefan
Stefan
Stefan ist seit vielen Jahren begeisterter Yogaanhänger.

Er ist der festen Überzeugung, dass Yoga dabei hilft, dass die Menschen wieder zu sich selber finden und friedlicher werden.

Durch Yoga wird unsere Welt eine bessere.

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